Seit über einem Jahr hat es in Illeret, an der Grenze zu Äthiopien, nicht geregnet. Die Tiere und auch schon Menschen sind gestorben. Es gibt kaum Weideland, es fehlt an Wasser und Nahrung. Dabei ist das Vieh (vor allem Ziegen, Schafe und Kühe) die Lebensgrundlage der vornehmlich nomadisch lebenden Dassenech-Gemeinde. Da verwundert es nicht, dass hier die höchste Rate an Mangelernährung im gesamten Land vorherrscht. Deswegen wandte sich James Korie Haile, Gründer unserer Partnerorganisation Dassenech Development Organisation, an uns, um für seine Heimatgemeinde Hilfe zu erbitten. Und diesem Ruf folgten meine Kollegen Asher Abayo, Damiano Mascalzoni und ich – im März machten wir uns auf den Weg in das nördlichste Kenia.
Dürre, Hunger und Tod in Illeret
Wir erreichen Illeret nachts um 23 Uhr, nachdem wir 14 Stunden mit dem Auto durch die Wüste gefahren waren. Als ich am nächsten Tag durch den Ort laufe, bin ich schockiert, so viele unterernährte Kinder, Ältere und schwangere Frauen zu sehen. In mir kommen Erinnerungen an September 2015 hoch, als ich in Nyal (Südsudan) war. Es war das letzte Mal, dass ich Menschen sah, die – wie soll ich es ausdrücken – einfach nur am Überleben sind. Der einzige Unterschied ist, dass es damals im Südsudan einige Hilfslieferungen gab, doch hier in Illeret gibt es kaum Unterstützung. Wie gut, dass wir an diesem Tag Nahrungsmittel für mehrere 100 Familien dabei haben. Mais, Bohnen, Öl, Reis – all das lindert die akute Not. Doch wir wissen, es geht jetzt darum, dass die Menschen auch in Zukunft Essen haben. Wie werden sonst die kommenden Monate für diese Familien sein? Als ich James dazu befrage, sagt er: „Ich glaube, dass die Situation noch schlimmer wird, und es werden auch mehr Menschen hier in Illeret sterben.“ Denn, so erklärt er, es ist die schlimmste Hungerkrise, welche er und auch die Ältesten seines Dorfes jemals erlebt haben. Er kann sich an keinen Moment in seinem Leben erinnern, in dem so viele stillende Mütter Schwierigkeiten hatten, ihre Kinder zu ernähren, da sie selbst derart unterernährt sind. Aus purer Verzweiflung haben manche damit angefangen, ihren Kindern selbstgebrauten Alkohol zu geben – um die Hungerkrämpfe etwas zu lindern. Das ist die düstere und beklagenswerte Realität für Mütter und Kinder in Illeret.
„Nur Gott weiß es“
Bei der Übergabe unserer Hilfe treffe ich Niro Kaarah (etwa 25). Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann und acht Kindern. Früher hatten sie eine große Ziegenherde, doch aufgrund der Dürre blieben ihnen nur noch 15 Tiere. Niros ganze Familie lebt von ein bisschen Maismehl, welches sie sich durch den Verkauf von Holzkohle beschaffen konnte. Doch die schlimmste Folge der Dürre ist, dass ihre Ziegen aufgrund des kaum vorhandenen Weidelandes keine Milch mehr geben. Diese Milch hätte Niros Kinder stärken können. Als ich sie frage, was sie sich für ihre Zukunft erhofft, sagt sie: „Nur Gott weiß es. Nur Gott weiß, was unsere Zukunft bringt. Aber ich bin so erleichtert, dass wir dieses Essen von euch bekommen haben.“ Nachdem wir an diesem Tag die Hilfsgüter übergeben haben, denke ich über die Situation in Illeret nach. Es überwältigt mich fast, dass diese Menschen hier „einfach nur überleben“. Das ist ein Satz, den wir immer wieder gesagt bekommen. Dies bestätigt mir auch Lydia Loki (25), die uns freiwillig hilft: „Es ist schlimm, aber das Essen, das wir verteilen, ist nicht genug, denn es gibt noch so viele hungernde Menschen hier. Das ganze Dorf hungert.“ Die Familien hier brauchen in den kommenden Wochen und Monaten Hilfe, um Nahrung zu haben, aber auch um sich von dieser Dürre erholen und sich vor kommenden schützen zu können.
Liebe Leserinnen und Leser, wir wissen nicht, wie lange diese Dürrekatastrophe noch anhalten wird, doch wir wollen die Betroffenen weiterhin unterstützen. Bereits mit 29 Euro ermöglichen Sie einer fünfköpfigen Familie wichtige Nahrungsmittel für zwei Wochen. Ich danke Ihnen.