Ansprechpartner
Eduard Goßner
Stv. Referatsleiter Spenderbetreuung & Öffentlichkeitsarbeit
„Mein Mann und ich haben uns vor die Kinder gestellt, um sie vor Granatsplittern zu schützen“, berichtet Svetlana Sargsyan und man sieht ihr das Grauen immer noch an. Als das Bombardement auf Bergkarabachs Hauptstadt Stepanakert in den frühen Morgenstunden des 27. Septembers begann, rannten Svetlana, ihr Mann Araik und ihre fünf Kinder in Todesangst aus dem Haus. Zwei Tage später steht Svetlana nach einer furchtbaren Flucht mit ihren Kindern auf der Straße in der armenischen Hauptstadt Eriwan. Die Kinder frieren, zwei von ihnen fiebern, alle hungern. „Ich wusste nicht, wohin ich mich wenden sollte oder wer uns helfen könnte“, beschreibt Svetlana ihre Verzweiflung.
„Viele Flüchtlinge fürchten den herannahenden Winter, besonders die Menschen, die weitgehend schutzlos in den Wäldern von Bergkarabach ausharren“, erklärt Reimund Reubelt, Erster Vorstand von Hoffnungszeichen, der Organisation für Menschenrechte, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Hoffnungszeichen hilft den Flüchtlingen mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Bettzeug sowie Hygieneartikel. „Wir danken allen Spendern für ihre großzügige Unterstützung“, so Reimund Reubelt. „In Armenien arbeiten wir mit der lokalen NGO Fund for Armenian Relief zusammen. Zudem haben wir eigene Mitarbeiter vor Ort, die bereits seit Jahren notleidenden Familien und älteren Menschen helfen.“
Die Nachrichten von den Hoffnungszeichen-Mitarbeitern vor Ort zeichnen ein düsteres Bild: „Als die Kämpfe ausbrachen, war ich gerade in Bergkarabach“, erklärt Hoffnungszeichen-Mitarbeiter Wigen Aghanikyan, der in Armenien Hilfsmaßnahmen koordiniert. „Es war sehr schwer in die mit Schrecken erfüllten Augen der Frauen und Kinder zu schauen, die Verwundete und Leichen gesehen haben.“
60 Prozent der rund 145.000 Bewohner Bergkarabachs sind auf der Flucht. Ihnen fehlt es an den nötigsten Dingen. Viele sind krank. Auch dem Coronavirus sind sie schutzlos ausgeliefert. In Armenien grassiert das Virus weitgehend ungebremst. 40 bis 45 Prozent aller Tests sind positiv. Die Kliniken können nur wenige Erkrankte aufnehmen. Auch Cholera und andere Krankheiten könnten sich leicht ausbreiten, weil die Leichen der Soldaten wochenlang nicht aus der Kampfzone entfernt werden.
Von beiden Seiten gibt es Berichte von Angriffen auf die Zivilbevölkerung mit Phosphorbomben. „Die Zerstörungen übertreffen selbst den Krieg Anfang der 1990-er Jahre“, so Wigen Aghanikyan. Die Bauern konnten wegen der Kämpfe die Ernte nicht einbringen und auch nicht für das nächste Jahr säen. Das wird die Versorgungslage längerfristig beeinträchtigen.
Als in Konstanz beheimatete und international tätige Hilfsorganisation steht Hoffnungszeichen in Krisengebieten wie der Kaukasusregion Menschen mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Hilfsgütern bei. „Wir sind dabei nach dem Verhaltenskodex für humanitäre Hilfe den Grundprinzipien Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit verpflichtet“, so der Hoffnungszeichen-Vorstand Reimund Reubelt. „Als christlich motivierte Organisation treten wir ein für friedliche Koexistenz, für Toleranz und Verständigung. Doch, wo Waffen rücksichtslos auf Zivilisten gerichtet werden, dort frisst der Krieg die Menschlichkeit.“
Getrieben von Krieg, Hunger und Corona (Pressemitteilung vom 10.11.2020)