- die Wiedereinsetzung der Entlassenen
- die Achtung der Unabhängigkeit der Justiz
Minister of Justice, Leila Jaffel, Tunis/Tunisia
Botschaft der Tunesischen Republik, S. E. Herrn Chiheb Chaoch, Berlin
ich wende mich an Sie, um Sie zu bitten, 57 Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die von Präsident Kais Saied am 1. Juni entlassen wurden, unverzüglich wieder einzusetzen. Dazu gehören auch die 49 Justizangestellten, deren Wiedereinsetzung vom Verwaltungsgericht in Tunis angeordnet wurde. Das Verwaltungsgericht in Tunis war am 10. August zu dem Urteil gekommen, dass die Regierung die umstrittene Entscheidung getroffen hat, ohne die Betroffenen über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Dies ist ein schwerer Verstoß gegen die in der tunesischen Gesetzgebung verankerten Rechte auf ein faires Gerichtsverfahren.
Hochachtungsvoll
أكتب إليكِ هذا الطلب لأرجو منكِ على الفور إعادة 57 قاضية وقاضٍ ووكيلة نيابة ووكيل نيابة إلى مناصبهم، والذين قد أقالهم الرئيس قيس سعيد في الأول من يونيو/حزيران. ويشمل الأمر أيضًا الموظفين القضائيين البالغ عددهم 49 موظفًا الذين أمرت المحكمة الإدارية في تونس بإعادتهم إلى وظائفهم. وقد قضت المحكمة الإدارية في تونس العاصمة في 10 أغسطس/آب بأن الحكومة قد اتخذت قرارًا مثيرًا للجدل دون إبلاغ المتضررين بالادعاءات الموجهة ضدهم. وهذا يُعَدّ انتهاكًا خطيرًا للحق في تنفيذ إجراءات محاكمة عادلة والمنصوص عليها في القانون التونسي.
مع وافر الاحترام والتقدير
Justizangestellte fristlos entlassen
Sie erfuhren es aus sozialen Medien oder über Kollegen: Am 1. Juni 2022 entließ Präsident Kais Saied auf einen Streich 57 Richter und Staatsanwälte. Am selben Tag hatte er ein Dekret erlassen, das ihm erlaubte, Justizangestellte fristlos zu entlassen. Dafür müssen sie eine Gefahr für die „öffentliche Sicherheit“ oder „die Interessen des Landes“ sein oder in irgendeiner Weise das Ansehen der Justiz beeinträchtigen, wie Amnesty International (AI) berichtet.
Vorwürfe per Videoansprache
Mit diesem Schritt versucht Präsident Saied offenbar, ihm politisch unliebsame Angehörige der Judikative auszuschalten und seine Macht zu stärken. In einer Videoansprache habe er die Betroffenen u. a. der Korruption, der Verheimlichung von Terrorismus, der „moralischen Verdorbenheit“ und des „Ehebruchs“ beschuldigt, so AI. Alles geschah, ohne die Beschuldigten zuvor über die erhobenen Vorwürfe zu informieren oder ihnen Akteneinsicht zu gewähren.
Das war ein Grund, weshalb das Verwaltungsgericht Tunis am 10. August in einer Dringlichkeitsentscheidung anordnete, 49 der 57 betroffenen Justizangestellten wieder einzusetzen. Bis Redaktionsschluss war das tunesische Justizministerium dieser Entscheidung nicht nach gekommen.
Immer weniger Rechte
Ende Juli ließ Saied in einem Referendum über eine neue Verfassung abstimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei nicht einmal einem Drittel der Bevölkerung, die Mehrheit davon nahm die Verfassungsänderung an. Seither darf der Präsident u. a. das Parlament auflösen, Regierungs- und Justizangehörige entlassen sowie ernennen. Ein neues Mediengesetz erließ Präsident Kais Saied im September. Beobachter im In und Ausland befürchten Einschränkungen der Presse und Meinungsfreiheit, denn „unwahre Behauptungen gegen staatliche Repräsentanten“ können nun Haftstrafen von zehn Jahren, die „Verbreitung von falschen Informationen oder Gerüchten“ Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren zur Folge haben. Zudem leidet die Bevölkerung unter der steigenden Inflation. Nach Angaben des staatlichen Statistikinstituts seien die Lebensmittelpreise allein im August um fast zwölf Prozent gestiegen, schreibt die Deutsche Welle. Viele Gehälter reichen nicht mehr aus, um die alltägliche Versorgung zu sichern. Einzelne Lebensmittel, z. B. Zucker oder Öl, gebe es kaum mehr zu kaufen.
Bitte plädieren Sie gemeinsam mit uns für die Wahrung einer unabhängigen Justiz sowie der Menschenrechte in Tunesien. Beides gehört zur Basis für ein Leben in Würde.